Methodische Qualität von Homöopathie- und konventionellen Studien
Im Vergleich zu konventionellen Arzneimittelstudien sind mehr Homöopathiestudien tendenziell von besserer Qualität, zumindest sind sie in ihrer Gesamtheit nicht schlechter.
Medizinische Studien haben das Ziel, möglichst objektive und verlässliche Daten zur Wirksamkeit und den Nebenwirkungen einer medizinischen Maßnahme zu erheben. Haben nicht nur den Behandlungseffekt, sondern weitere Faktoren einen bestimmenden Einfluss auf das Ergebnis der Studie spricht man von einem systematischen Fehler, auch „Verzerrung“ oder „bias“ genannt. Die Qualität einer medizinischen Studie hängt unter anderem davon ab, wie gut es gelingt einen relevanten Einfluss von Verzerrungen zu vermeiden. Je niedriger das Risiko, desto höher ist die methodische Qualität einer Studie.
Qualität von Homöopathiestudien
Oft wird behauptet, Homöopathiestudien seien generell von schlechter Qualität. Diese Behauptung wird in etwa in folgendes Narrativ eingebettet: Qualitativ schlechte Homöopathiestudien würden eine Wirksamkeit der homöopathischen Behandlung vortäuschen, die de facto nicht bestehe. Dies führt zu dem Schluss, dass die Ergebnisse von Homöopathiestudien negativ zu bewerten seien, es also keine Wirksamkeitsnachweise für die Homöopathie gebe.
Dies ist jedoch ein Trugschluss. Denn selbst dann, wenn die Qualität von Homöopathiestudien schlecht wäre, gilt:
Positive Ergebnisse schlechter Studien, sind nicht negative Ergebnisse!
Die verkürzte und vereinfachte Schlussfolgerung von Kritikern, alle Homöopathiestudien seien negativ ausgefallen, verdreht die tatsächlich vorlegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse.
Was wissen wir tatsächlich über die Qualität von Homöopathiestudien?
Wie ist ihre methodische Qualität im Vergleich zu konventionellen Studien, die die Grundlage für die breite Anwendung von Medikamenten sind?
Wird in Bezug auf die geforderte Qualität der Wirksamkeitsnachweise mit zweierlei Maß gemessen?
1. Qualität im direkten Vergleich
Der einzige direkte Qualitätsvergleich von Homöopathie- und konventionellen Studien fällt zu Gunsten der Homöopathie aus. Eine Metaanalyse von 2005 stellt 110 Studien aus dem Bereich Homöopathie die gleiche Anzahl konventioneller Studien gegenüber. 21 Homöopathiestudien (19 %) werden als hochwertig eingestuft, hingegen nur 9 der konventionellen Arzneimittelstudien (8 %) (1, 2). mehr lesen …
2. Qualität im indirekten Vergleich
Die Ergebnisse zeigen, dass das Risiko für Verzerrungen in Homöopathiestudien im indirekten Vergleich in etwa dem Risiko in konventionellen Arzneimittelstudien entspricht (2, 3, 4). mehr lesen …
3. Qualität konventioneller Studien
Es gibt eine Vielzahl von Beispielen die zeigen, würde man für konventionelle Studien das selbe (sehr strenge) Beurteilungsmaß anlegen wie es Kritiker für Homöopathiestudien fordern, hätte die Medizin allenfalls noch eine Handvoll Interventionen für die Behandlung zur Verfügung. Denn das Risiko für Verzerrungen ist in konventionellen Studien ganz überwiegend hoch. Oft fehlen belastbare Studienergebnisse, aus denen die Wirksamkeit von (möglicherweise nebenwirkungsträchtigen) Behandlungsmaßnahmen verläßlich abgeleitet werden kann.
Prof. Sönnichsen, der ehemalige Leiter des renommierten „Netzwerkes für Evidenzbasierte Medizin“ beurteilt die Situation so: „Eine Situation wie heute mit derartig eklatanten Mängeln in einer Vielzahl von Studien ist untragbar, unethisch und eine unhaltbare Verschwendung von Ressourcen und ein Missbrauch des Altruismus der Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer.“ (6) mehr lesen …
Unsere Quellen
- Shang, A. et al: Are the clinical effects of homoeopathy placebo effects? Comparative study of placebo-controlled trials of homoeopathy and allopathy. www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16125589
- Hamre, H. J. et al: Efficacy of homoeopathic treatment: Systematic review of meta-analyses of randomised placebo-controlled homoeopathy trials for any indication. Dezember 2021. https://doi.org/10.21203/rs.3.rs-2256393/v1
- Mathie RT et al: Randomised, double-blind, placebo- controlled trials of non-individualised homeopathic treatment: systematic review and meta- analysis. Syst Rev 2017; 6(1): 63.
- Jorgensen L, Paludan-Muller AS, Laursen DR, et al. Evaluation of the Cochrane tool for assessing risk of bias in randomized clinical trials: overview of published comments and analysis of user practice in Cochrane and non-Cochrane reviews. Syst Rev 2016; 5: 80.
- Stub, T. et al: Adverse effects of homeopathy, what do we know? A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials.
- Sönnichsen, A. et al: Diskrepante Ergebnisse bei randomisiert kontrollierten Studien, Systematic Reviews und Metanalysen zu identischen Fragestellungen – Wie kann das sein? Meeting Abstract, 18. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin
- Braun, C. et al: Behandlung nicht-spezifischer Kreuzschmerzen: Evidence Map über systematische Reviews von 2015 bis 2019. Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen, December 2019, Volume 149, Pages 12-21
- Holgersson, J. et al: Fever therapy in febrile adults: systematic review with meta-analyses and trial sequential analyses. BMJ 2022;368. https://www.bmj.com/content/bmj/378/bmj-2021-069620.full.pdf